Neue Details zum Geschäft der Blackwater-Söldner

Im August diesen Jahres berichtete die New York Times von einem angeblichen mehrere Millionen Dollar schweren Deal zwischen der CIA und dem privaten Söldner-Unternehmen Xe Services (früher Blackwater), um Angehörige der al-Qaeda und andere Jihadisten unbehelligt von völkerrechtlichen Konventionen aufzuspüren und zu töten. [Zur Geschichte von Blackwater siehe unten] Die damals anonym zitierten Quellen aus Geheimdienskreisen berichteten, dass es zwar keine offiziellen Vereinbarungen und Dokumente gebe. Weil die CIA aber von Beginn des Anti-Terror-Kampfes an logistische Grenzen gestoßen war, sei der behördliche informelle Austausch mit privaten Söldnerfirmen zu Anti-Terror-Operationen im Schatten der amerikanischen Militärpräsenz in Irak bzw. im afghanisch-pakistanischen Grenzland sehr weit gediehen, bis in höchste offizielle Kreise hinein. Die Überlegungen gingen jedenfalls weit über „konspiratives Gekritzel auf Servietten in der Cafeteria“ hinaus.

Blackwater ist viel stärker am Hindukusch-Krieg beteiligt

Nun sorgte gestern der Journalist Jeremy Scahill mit einem Aufsehen erregenden Bericht für das Magazin „The Nation“ für neues Material: „Blackwater´s Secret War in Pakistan“. Offenbar waren neue hochrangige Quellen – ehemalige Mitarbeiter der Firma wie auch Personen aus geheimdienst-Kreisen – bereit, über die Aktivitäten von Blackwater zu berichten. Es zeigt sich: Dieses Unternehmen ist viel stärker am Hindukusch-Krieg beteiligt, als bisher bekannt.

Scahills Report deckt unter anderem auf, dass Blackwater unter einem geheim gehaltenen ständigen Programm in Pakistan operiert, um dortige Qaeda- bzw. Taliban-Verdächtige aufzuspüren und zu töten. Außerdem sei Blackwater aktiv an dem erst kürzlich bekannt gewordenen Drohnen-Programm auf (u.a.) pakistanischem Boden beteiligt – was eigentlich unter der Regie der zwielichtigen militärischen Anti-Terror-Einheit Joint Special Operations Command (JSOC) steht.

Bei den Angriffen des JSOC mit Drohnen kommen regelmäßig Zivilisten im wazirischen Grenzland zwischen Afghanistan und Pakistan ums Leben. Auch die CIA führt solche Drohnen-Operationen aus – die tödlichsten Angriffe sollen allerdings auf das Konto von JSOC gehen – und damit offenbar auch auf das Konto von Blackwater.

Bisher handelte es sich bei Anti-Terror-Einsätzen auf pakistanischem Land um eine Art „Gentleman Agreement“ zwischen den USA und Pakistan: den amerikanischen Streitkräften wurde erlaubt, Terror-Verdächtige bis nach Pakistan hinein zu verfolgen. Im Gegenzug wurde Pakistan erlaubt, sich von den Grenzverletzungen offiziell distanzieren zu können, um vor der eigenen Bevölkerung das Gesicht nicht zu verlieren. Nun wird nicht nur immer deutlicher, dass US-Truppen dauerhaft in Pakistan operieren, und dies nach Scahills Informationen offenbar schon spätestens seit 2007 tun, sondern auch, dass von Beginn an private Militärfirmen daran beteiligt waren.

Interview mit Jeremy Scahill zu seinen Recherchen auf democracy now

Scahills Report deckt weiterhin auf, dass sich Blackwater über Subkontrakte auch direkt an der militärischen Ausbildung pakistanischer Truppen im Boden- und Häuserkampf und an Übungen zu Grenzschließungen beteiligt. Außerdem habe das private Unternehmen offenbar in einem streng geheimen Programm die Aufgabe erhalten, Operationen in Usbekistan für das JSOC zu planen. Pläne, Programme und Operationen von JSOC/Blackwater seien teilweise insofern weit aus der militärischen Befehlskette ausgegliedert, als sie auf Geheimdienst-Informationen beruhten, zu denen nicht einmal die Mitglieder des US-Kongresses, welche die Geheimdienste beaufsichtigen, Zugang hätten. Somit sei auch nicht auszuschließen, dass nicht einmal Top-Leute der Obama-Administration von den Vorgängen umfassend Kenntnis erhielten.

Der ehemalige Kommandeur der Spezialeinheit JSOC, unter deren Deckmantel sich die Firma Blackwater entfalten konnte, heißt übrigens  General Stanley McChrystal, und der ist im Juni 2009 zum Oberkommandierenden aller ISAF-Streitkräfte in Afghanistan befördert worden.

Pikant ist auch, dass Massenmedien vor allem in den USA, aber auch zum Beispiel in Deutschland die dubiose Art der Kriegsführung am Hindukusch und die Verwicklung von privaten Sicherheitsfirmen bestenfalls ignorieren, immer häufiger aber auch Anschuldigungen seitens der Zivilbevölkerung bzw. seitens al-Qaedas oder der Taliban bewusst ins Zwielicht rücken und der Lächerlichkeit preisgeben. So geschehen unter anderem nach dem Anschlag auf einen Markt in Peschawar im vergangenen Oktober: Spiegel Online rückte den Verdacht, es könne sich um eine Operation von JSOC/Blackwater handeln, routiniert in die Nähe von Verschwörungstheorien.

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Der Name Blackwater steht – obwohl es ihn als Firmennamen offiziell nicht mehr gibt – beispielhaft für den völkerrechtlich höchst problematischen Trend zur Privatisierung des Krieges in einer Art Dunkelgrauzone: eine private Söldnertruppe, ausgebildet und ausgerüstet wie herkömmliche Soldaten – manche sagen besser -, weder der heimatlichen US-amerikanischen Militärgerichtsbarkeit unterworfen, noch der fremden Gerichtsbarkeit im jeweils besetzten Land.

Das private US-amerikanische Sicherheits- und Militärunternehmen hatte sich 2009, im zwölften Jahr seines Bestehens in „Xe Services“ umbenannt, nachdem sein Gründungsname „Blackwater“ durch eine brutale Operationen im Irak in die öffentliche Diskussion geraten war und sich von der Konsequenz bedroht sah, seine Geschäfte nicht mehr im Schatten ausführen zu können. Der versuchte Image-Coup war eine aus der Not geborene Geschäftstaktik: etwa 1,5 Mrd. US-Dollar soll das Unternehmen seit 2004 vor allem am Irak-Krieg verdient haben.

Im September 2007 hatten Blackwater-Söldner nach einem vermeintlichen Angriff in eine zivile Menschenmenge geschossen und dabei 17 Personen getötet sowie 24 verletzt. Daraufhin hatte die irakische Regierung der Firma die Lizenz für den Aufenthalt im Irak entzogen, unter der sie vorgeblich ihre Operationen in dem Land führt: Schutz von Diplomaten. Ironischerweise konnte nicht genau geklärt werden, ob Blackwater überhaupt über eine derartige Lizenz verfügte. Kurze Zeit nach dem Vorfall nahmen die Mitarbeiter ihre Arbeit im Irak wieder auf. Im Mai 2008 verlängerten die US-Behörden den Vertrag mit Blackwater um ein weiteres Jahr. Im August 2009 berichteten zwei ehemalige Mitarbeiter in einer Untersuchung anonym und unter Eid, dass Blackwater an Waffenschmuggel im Irak beteiligt gewesen sei, Informanten der Bundesbehörden über kritische Vorgänge ermorden ließe, sowie dass Unternehmensgründer Eric Prince von christlich-fundamentalistischen Motiven geleitet sei und dass mystische Symbolik des Templerordens unter den Truppen verbreitet sei.

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